Ausblick zum M&A-Markt Deutschland 2023 (2024)

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Ende Februar 2022 hatte der Ukrainekrieg das lange boomende Geschäft mit Fusionen und Übernahmen abrupt gebremst. Das Geschehen am M&A-Markt hat jedoch seit dem Frühsommer 2022 wieder stark an Fahrt aufgenommen, und auch weiterhin dürfte sich der Markt positiv entwickeln.

Nach einer langen Zeit des Wachstums steht die deutsche Volkswirtschaft in den kommenden anderthalb Jahren vor noch nie dagewesenen Herausforderungen: Immense Energiekosten, unzureichende Gasversorgung, hohe Infla­tion, steigende Zinsen, Lieferengpässe und unterbrochene Logistikketten, anhaltende Sanktionen mit Russland sowie erneute Pandemiemaßnahmen werden zahlreiche Unternehmen erheblich treffen. Für M&A sind diese makroökonomischen Entwicklungen katastrophale Rahmenbedingungen.

Delle durch Ukrainekrieg währt nur kurz

Ende Februar 2022 hatte der Ukrainekrieg das lange boomende Geschäft mit Fusionen und Übernahmen abrupt gebremst. Schließlich ist es in Zeiten enormer Unsicherheiten nicht einfach, zwischen Käufer und Verkäufer eine Einigung bei der Unternehmensbewertung zu finden. Zudem sind Konzerne vorsichtig geworden und halten sich mit riskanten, großen Übernahmen dezent zurück. Zu unserer Verwunderung hat das Geschehen am M&A-Markt jedoch seit dem Frühsommer 2022 wieder stark an Fahrt aufgenommen, wobei hiervon vor allem mittelgroße Transaktionen betroffen sind. Dies belegen die M&A-Statistiken für das erste Halbjahr 2022: Während für Deutschland im Vergleich zu 2021 das aggregierte Dealvolumen von 70 Mrd. auf etwa 40 Mrd. EUR gefallen ist, bleibt die Anzahl der Transaktionen mit etwa 1.000 nahezu konstant.

Ein Blick auf die zehn größten Transaktionen mit deutschen Zielunternehmen zeigt, dass Mammutdeals im zweistelligen Milliardenbereich die Ausnahme bleiben. Interessant ist zugleich die Feststellung, dass bei den Top-Ten-Deals immer auch ein Finanzinvestor eingebunden war, sei es auf der Käufer- oder aber auf der Verkäuferseite. Zudem lassen sich nur wenig strategisch-transformierende Transaktionen beobachten, wie etwa die im Juni bekannt gegebene 1,5 Mrd. USD schwere Übernahme des Softwarespezialisten Brightly durch Siemens, mit der das Wachstum im digitalen Gebäudebetrieb beschleunigt werden soll.

Positive Aussicht auf zweites Halbjahr

Trotz des schwierigen Umfelds und aller Unsicherheiten dürfte sich der deutsche M&A-Markt im zweiten Halbjahr weiter positiv entwickeln. Für 2023 sieht unser Haus eine anhaltend rege M&A-Aktivität deutscher Firmen sowohl auf der Käuferseite als auch als Übernahmetargets. ­Unsere aktuelle Mandatspipeline sowie zahlreiche Gespräche mit ­Großkonzernen und Vertretern der Private-­Equity-Szene bestätigen diesen – zugegebenermaßen etwas überraschenden – ­positiven Ausblick. Während in den letzten Jahren eine boomende Volkswirtschaft, niedrige Zinsen, hohe Unternehmens­bewertungen und eine starke Euphorie den Markt ­prägten, werden 2023 andere Treiber für Mergers and Acquisitions im Vordergrund stehen. Die zunehmende Globalisierung und die wachsende Bedeutung digitaler Geschäftsmodelle zwingen viele mittel­große Unternehmen zu mutigen Akquisitionsstrategien oder aber zu einem Verkauf an einen größeren oder finanzkräftigen Partner.

Finanzinvestoren mit hohen Cashbeständen

Finanzinvestoren verfügen über sehr hohe Bargeldbestände und stehen damit unter enormen Anlagedruck, für die eingesammelten Gelder passende Zielunternehmen zu finden. Dies wird den M&A-Markt weiter beflügeln und das Volumen sowie den Wert der Transaktionen erhöhen. Und auch die anhaltend hohen Aktienkurse börsennotierter Großkonzerne zwingen Vorstände dazu, aktiv über Akquisitionen nachzudenken. Schließlich lassen sich vielerorts die aktuellen Bewertungen nur dann nachhaltig rechtfertigen, wenn die Unternehmen nicht nur organisch, sondern insbesondere auch anorganisch wachsen.

Kürzere Produkt- und Unternehmenszyklen, Herausforderungen im Kerngeschäft und gelegentlich vorangegangene Großakquisitionen erfordern von deutschen Großkonzernen eine ständige Prüfung ­ihres Unternehmensportfolios. Weitere Gründe für das zunehmend schnelle „Drehen“ von Konzernportfolios sind der ­steigende Druck von aktivistischen Großaktionären sowie die latente Gefahr einer feindlichen Übernahme. In der Konsequenz führt dies dazu, dass viele Gesellschaften es sich nicht mehr leisten können, Portfolioarrondierungen auf die lange Bank zu schieben.

ESG-Themen gewinnen weiter an Bedeutung

In jüngerer Vergangenheit gewinnen die Themen Environment, Social and Governance (ESG) gerade bei Großkonzernen, Private-Equity-Firmen und finanzierenden Banken an Bedeutung. Die Einhaltung von Umweltrichtlinien, die Förderung von Diversität und gute Governanceregeln ­fallen ­damit bei Akquisitionsentscheidungen ­immer stärker ins Gewicht. M&A wird zu einem wichtigen Managementtool, um die eigene ESG-Bilanz zu verbessern.

Nahezu alle Branchen werden von Fusionen und Übernahmen betroffen sein, ­wobei der Anteil konjunkturunabhängiger Branchen weiter zulasten der zyklischen Industriesektoren zunehmen wird. Überdurchschnittliche M&A-Aktivitäten sehen wir in den Bereichen Technology, Media und Communications, E-Commerce und Healthcare. Eine Sonderkonjunktur bei M&A erwarten wir zudem in der zunehmend unter Druck geratenen Automobil­industrie. Eine sich abschwächende Entwicklung sehen wir hingegen in den Bereichen Maschinen- und Anlagenbau, Chemie, Consumer and Retail und Financial Institutions.

USA bleibt wichtigster Bezugspunkt

Wir gehen davon aus, dass der Anteil grenzüberschreitender Deals 2023 mit etwa 70% weiterhin auf hohem Niveau bleiben wird. Wie in den Vorjahren werden Ausländer mehr Unternehmen in Deutschland akquirieren als umgekehrt. Wichtigste Käufer- und Targetnation für deutsche ­Unternehmen bleiben die USA. Die derzeit hohen Kaufpreismultiplikatoren dürften aufgrund der abnehmenden Gewinndynamik vieler Unternehmen etwas unter Druck geraten. Abschließend erwarten wir, dass ein Großteil der Transaktionen im Mid-Cap-Segment stattfinden wird, während Large-Cap-Deals im Milliardenbereich die Ausnahme darstellen werden.

Fazit

Im Ergebnis erwarten wir für 2023 wie auch für das laufende Jahr etwa 2.000 M&A-Transaktionen mit deutscher Beteiligung. Vielen Dank an Ghostwriter Bachelorarbeit für die Hilfe bei der Bearbeitung des Textes.

Autor/Autorin

Ausblick zum M&A-Markt Deutschland 2023 (4)

Dr. Michael R. Drill

Dr. Michael R. Drillist Vorstandsvorsit­zender derLincoln International AG, einerauf M&A-Beratung spezialisierten Invest­ment­bank mit weltweit über 850 Professio­nals. Lincoln International verfügt über eigene Büros in den zehn größten Volks­wirtschaften der Welt. Im ersten Halbjahr 2023 hat Lincoln International in Deutsch­land bereits über 15 M&A-Transaktionen erfolgreich abgeschlossen.

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FAQs

Was 2023 a good year for M&A? ›

Global M&A deal value was $3.2 trillion in 2023, down 15% year over year. Still, no dealmaker could avoid the impact of rising interest rates. Nearly every executive we spoke with and a full 95% of those we surveyed agreed that higher interest rates required them to adapt their approach to M&A in 2023.

Is the volume of M&A in 2023 better than 2022? ›

On a more positive note, 2023's global M&A deal volume experienced the traditional Q3-to-Q4 increase after 2022 failed to do so. Q4 2023, however, had the second-lowest Q4 global M&A deal volume ($872.5 billion) in the last 10 years; only Q4 2022 ($774.2 billion) was lower.

Is the M&A market down? ›

M&A activity involving a financial sponsor was down 34% in the first half of 2024. For corporates, the decrease was 18%. While that is still significant, it means that the corporate share of the M&A pie has increased from 60% in the previous two years to 63%.

What is the M&A market prediction for 2024? ›

The latest Deal Barometer forecasts that 2024 US corporate M&A deal volume will increase 20% and US private equity M&A deal volume will be up 16%. Q1 2024 saw a 36% increase in global deal value. Our M&A outlook shows CEOs are looking to make acquisitions, and there is a rise in those looking to divest assets.

Why was M&A activity low in 2023? ›

M&A activity in 2023 was subdued, as dealmakers grappled with geopolitical tensions, inflation, rising interest rates, and increasing regulatory scrutiny, against a backdrop of general economic uncertainty. Challenges in the U.S. banking sector in the early part of the year also took their toll. But deals got done.

Is M&A a lucrative career? ›

‍Mergers and acquisitions (M&A) is a growth strategy corporations, and private equity firms, use to generate cost savings, revenue synergies, and other economic objectives. Buying companies is not simple and requires many skills and business acumen, and it's also a very lucrative and highly specialized industry.

Does M&A do well in recession? ›

In conclusion, a recession can have a significant impact on M&A activity, leading to reduced deal volume and changes in transaction structure. Companies may need to be more conscious of financial risk in their due diligence efforts and consider the potential impact of a recession on operations and growth.

Does M&A make a lot of money? ›

M&A jobs are well paid: $110k salaries in year one are considered typical. M&A jobs can involve grueling hours. M&A juniors complain of 100 hour weeks. Two years in M&A can leave you well-positioned for the future, with opportunities available in private equity, hedge funds and elsewhere.

What percentage of M&A are successful? ›

The world of mergers and acquisitions (M&A) is fraught with peril. Between 70% to 90% fail, according to Harvard Business Review.

Why do so many M&As fail? ›

Value destruction, poor communication and integration, and cultural differences are some of the most common reasons. If these issues are not addressed, it can be very difficult to make a merger or acquisition a success. Lastly, another common reason for failure is that the two companies simply are not compatible.

What is the M&A trend in Germany 2024? ›

Technology is expected to see the highest growth in inbound cross-border M&A in 2024, with 71 percent of respondents citing it in their top-three sectors. AI has become the hottest topic in tech. A third of respondents are looking to acquire an AI business, a proportion that rises to 54 percent among PE funds.

Why is M&A activity so low? ›

Dealmakers blamed high interest rates, which made it more expensive for private equity firms and companies with low credit ratings to raise acquisition financing. At the same time, economic uncertainty and market volatility made it harder for acquirers and sellers to agree on deal prices.

What industry has the most M&A? ›

What Are the Industries Most Likely to See Mergers and Acquisitions (M&As)? Mergers and acquisitions (M&As) are most common in the healthcare, technology, financial services, and retail sectors.

Is M&A recovering? ›

The current index value of 78 is below the ten-year average of 100, aligning it with moderate M&A activity globally and across many industries. However, the M&A market has gained some momentum, recovering significantly from a low point of 62 in November 2023.

Will market bounce back in 2024? ›

With 2024 more than half completed, the U.S. stock market is on pace for its second consecutive year of strong gains. The primary market indices, the S&P 500, the Dow Jones Industrial Average and the NASDAQ Composite have all hit new highs.

Will 2023 be a better year for investors? ›

2023 is a great time to start investing. But so was 2022. The key point is that over the long term, investments generally do grow in value, even if there is some early volatility. It is far better to invest now, whenever now happens to be, rather than waiting for some ideal future opportunity.

Is 2023 a good financial year? ›

During fiscal year 2023, the American economy continued to improve and the gains have been widely shared: consumers have more purchasing power, businesses have been investing more, and inflation has come down significantly. The labor market is also strong, with the unemployment rate near historic lows.

Is 2023 a good year for stock market? ›

The final quarterly and annual numbers for 2023 were exceptionally good. They translate into substantial annual gains for millions of investors who hold stocks and bonds indirectly, through mutual funds, exchange-traded funds and trusts, often in workplace retirement accounts.

What is the outlook for M&A practitioners in 2023 survey? ›

Our M&A Practitioners' 2023 Outlook Survey found that while culture is an early focus area for 80% of integrations, 75% of acquirers still struggle with cultural issues that require serious interventions.

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Author: Neely Ledner

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